Neues Bauvertragsrecht

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Haarschnitt und Hausbau haben eines gemeinsam: Es handelt sich um Werkverträge gemäß BGB. Ihre Unterschiedlichkeit legt aber nahe, daß gesetzliche Regelungen zum Haarschnitt nicht ausreichen können, um den komplexeren, teureren und länger laufenden Bauverträgen gleichermaßen gerecht zu werden.

Deshalb wurde bereits in den zwanziger Jahren die VOB/B aufgelegt, die das Zusammenspiel von Bauherr und Bauunternehmer in Bauverträgen regelt. Beide Seiten wirken seither gleichermaßen an der Entwicklung mit, weshalb die VOB/B in ganz besonderer Weise als sachgerecht und ausgewogen gilt. Die Regelungen der VOB/B können vertraglich vereinbart werden und ergänzen dann die ‑ wie dargestellt: unzureichenden ‑ gesetzlichen Regelungen.

Dabei ist als Besonderheit zu beachten, daß die VOB/B nach herrschender Meinung den Charakter Allgemeiner Geschäftsbedingungen, und insoweit die an sie zu stellenden Bedingungen zu erfüllen hat. Das ist häufig dann nicht mehr der Fall, wenn die VOB/B zwar vertraglich vereinbart wird, in einzelnen Punkten (z. B. Verjährungsfrist für Mängelansprüche) aber abweichende Regelungen getroffen werden. In solchen Fällen gerät die Ausgewogenheit der VOB/B in Gefahr was ihre vollständige Unwirksamkeit zur Folge haben kann. Damit würden wieder die (unzureichenden) gesetzlichen Regelungen einschlägig.

Zum 01.01.2018 tritt nun das neue Bauvertragsrecht in Kraft. Von seinem Ansatz her ergänzt es das BGB um die für Bauverträge bisher „fehlenden“ Regelungsinhalte und könnte damit perspektivisch an die Stelle der VOB/B treten. Das ist insbesondere im Verbraucherbereich, in dem oft nicht die VOB/B vereinbart wurde, eine gute Entwicklung. Im professionellen Bereich dagegen stellt sich für den Bauprojektmanger spätestens im nächsten Jahr die Frage der Vertragsgestaltung. Dabei deutet vieles darauf hin, daß die gesetzlichen Regelungen des neuen Bauvertragsrechts noch nicht ausreichen:

Einerseits der Zeitablauf: Nach rund 10-jähriger Vorbereitung fand die Lesung des ersten Gesetzesentwurfs am 18.05.2016 statt. Knapp ein Jahr später hat der 6. Ausschuß seine Beschlüsse zu Änderungen und Ergänzungen am 08.03.2017 vorgelegt, die einen Tag später in zweiter und dritter Lesung behandelt, und noch am gleichen Tag vom Parlament beschlossen wurden. Dies wirft die Frage auf, ob und inwieweit die Beschlüsse des Ausschusses noch wirksam inhaltlich behandelt und abgewogen werden konnten.

Andererseits führt das neue Bauvertragsrecht etwa im Bereich des Anordnungsrechts neue Regelungen ein, zu denen es weder Praxiserfahrungen, noch Rechtsprechung gibt, und die zudem Mißbrauchspotential in sich bergen. Es ist somit fraglich, ob das neue Bauvertragsrecht mehr Rechtssicherheit bieten kann als die bisherigen VOB/B-Regelungen.

Auch die fortgesetzte Vereinbarung der VOB/B gestaltet sich insoweit schwieriger als bisher, als sie jetzt kein gesetzliches Vakuum mehr füllt, sondern mit ihren Regelungen in Konflikt mit den neuen gesetzlichen Regelungen kommen kann, die es vorher nicht gab. Deshalb hat es sich der Deutsche Vergabe- und Vertragsausschuß für Bauleistungen (DVA) im Rahmen seines Arbeitsprogramms 2017/2018 auch zur Aufgabe gemacht, die VOB/B im Hinblick auf das Gesetz zur Reform des Bauvertragsrechts zu überprüfen.

Zusammenfassend ist dem Bauprojektmanger jetzt leider ein über Jahrzehnte erlerntes und erprobtes Instrumentarium abhanden gekommen, für das noch kein gleichwertiger Ersatz zur Verfügung steht. Tendenziell scheint bis auf weiteres die VOB/B in ihrer Reinstform, also ohne jedwede Anpassungen oder Abweichungen, die stabilste Vertragsgrundlage darzustellen. In jedem Fall aber dürfte juristischer Rat derzeit unverzichtbar sein.