Während es etwa bei Sachverständigen für Schimmelpilze wenig Fragen bezüglich ihrer Beurteilungskompetenz gibt, wirkt der Bestellungstenor Bauprojektmanagement vergleichsweise unscharf. Dies bestätigen auch Anfragen insbesondere im Vorfeld gerichtlicher Aufträge.
Bauprojektmanagement umfasst alle Organisations- und Managementaufgaben, die ein Bauherr als Projekt-Initiator zur Realisierung seines Bauvorhabens abdecken muss (vgl. auch Bauherrenrolle). Sie reichen typischer Weise von der Projektentwicklung über Planung und Bauausführung und enden nach der Inbetriebnahme erst, wenn etwaige Mängelansprüche (vulgo: Gewährleistung) verjährt sind. Zwar sind diese Aufgaben ursächlich überwiegend eher baulich-technischer Natur, jedoch schließen sie auch wirtschaftliche und vertragliche Aspekte mit ein.
Damit ist das Bauprojektmanagement eine fachlich breit angelegte Querschnittskompetenz, der Bauprojektmanager dementsprechend ein Generalist. Was im Projekt auch dessen konkretem Bedarf entspricht, kann bei der Wahl eines Sachverständigen Anlass zur Besorgnis bieten, dass er alles „ein Bisschen“, nichts jedoch „richtig“ kann. Hierzu mögen nachfolgende Darstellungen erste Orientierung geben:
Durch den Bestellungstenor abgedeckt sind alle Leistungen, die ein Bauherr in seinem Projekt als Input zu erbringen hat und alle Sachverhalte aus seinem Projekt als Output, über die er aufgrund entsprechender Vorlagen qualifiziert entscheiden können muss. Dies umfasst typischer Weise Planungen, Konzepte, Berechnungen, aber auch Verträge und Abrechnungen. „Qualifiziertes Entscheiden“ setzt voraus, dass a.) die Vorlagen Inhalt, Notwendigkeit und ggf. Alternativen verständlich und entscheidungsreif aufbereitet darstellen, und b.) der Bauherr die Vorträge fachlich einordnen und bewerten kann, sie ggf. durch gezielte Rückfragen absichern und vervollständigen lassen, oder sie schließlich auch ablehnen kann. Erfahrungsgemäß entstehen Streitigkeiten vielfach bereits auf dieser Ebene und können dementsprechend auch dort gelöst werden, ohne dass eine stark vertiefte Befassung mit inhaltlichen Details erforderlich würde.
Nicht abgedeckt sind dagegen alle Sachverhalte, die auch das Ergebnis eigenständiger fachlicher Planungen oder Ausarbeitungen von Projektbeteiligten sein könnten oder ihrer Qualitätskontrolle gleich kämen. Der Bauprojektmanager ist gerade nicht der bessere Planer oder Projektbeteiligte. Für solche Fälle gibt es Sachverständige mit entsprechenden Spezialisierungen, die dann gezielt heranzuziehen wären.
Somit können Sachverständige für Bauprojektmanagement Bewertungen auf einer Ebene vornehmen, die Sachverhalte in ihren übergeordneten Kontexten eingeordnet bewerten, ohne sich dabei voreilig in nachrangigen Details zu verlieren. Möglichkeiten und Grenzen der Beurteilbarkeit durch Sachverständige für Bauprojektmanagement mag insoweit auch die folgende Gegenüberstellung beispielhaft veranschaulichen:
Themenbereich | Abgedeckt | Nicht abgedeckt |
---|---|---|
Projektgrundlagen | Überprüfung von Vollständigkeit und Widerspruchsfreiheit übergebener Vermessungs- und Bestandsdaten im Hinblick auf die Projektziele | Überprüfung von Bestandsdaten auf inhaltliche Richtigkeit |
Gestörter Bauablauf | Kausale Überprüfung der Zuordnung von Störungen, Plausibilisierung von Abhängigkeiten, Dauern und abgeleiteten Vergütungsansprüchen | Inhaltliche Detail-Prüfung eines baubetrieblichen Gutachtens |
Haustechnik | Überprüfung der Übereinstimmung einer Lüftungsplanung mit den Anforderungen des Brandschutzkonzepts | Überprüfung von Anlagenkonfiguration und -Kapazitäten |
Tragwerk | Überprüfung einer Statik auf Übereinstimmung mit dem Planungsstand | Methodische oder rechnerische Überprüfung der Statik, Prüfstatik |
Bauschäden und -mängel | Bewertung festgestellter Abweichungen des IST vom SOLL in konkreten Einzelfällen, Vor-Untersuchungen zu Schadensursachen und Beseitigungsmöglichkeiten | Systematische Qualitätssicherung (Objektüberwachung, Fachbauleitung), Erarbeitung von Sanierungskonzepten |