Faire (Markt-)Preise für Nachträge

Werden Bauleistungen über Ausschreibungen vergeben, ist der Vertragspreis unter Wettbewerbsbedingungen zustande gekommen. Diese gute Gewißheit endet spätestens beim ersten Nachtragsangebot, für das der Auftragnehmer eben nicht mehr an Wettbewerbsbedingungen gebunden ist: Wenn die hinzukommende Leistung etwa umgehend im Zuge der laufenden Arbeiten erbracht werden soll und keine Zeit für die Einholung von Alternativangeboten ist, oder wenn die Ausführung so eng in den Haupt-Produktionsprozess eingebunden ist, dass sie ohnehin nicht wirtschaftlich von einem Dritten erbracht werden kann, gibt es nur noch wenig Anreize für den Auftragnehmer, echte (faire) Marktpreise anzubieten. Bei Nachträgen endet der Wettbewerb, weshalb sie auch so unbeliebt sind.

Dabei ließe sich das gute Gefühl von Wettbewerbspreisen auch auf Nachtrags­preise übertragen, wenn der Bauherr nur davon ausgehen könnte, dass die zusätzlichen Leistungen genau so kalkuliert worden sind wie einst die des Hauptauftrages. Überprüfen könnte er es anhand der sog. Urkalkulation, die zu hinterlegen jahrzehntelangem VOB-Brauch entspricht, der auch im BGB-Bauvertragsrecht seinen Niederschlag gefunden hat. „Guter Preis bleibt guter Preis, schlechter Preis bleibt schlechter Preis“ fasst dieses Brauchtum zusammen und bietet beiden Seiten Gewähr dafür, dass die für den Hauptauf­träge ermittelten Preise auch für Nachtragsleistungen Bestand haben sollen.

In letzter Zeit verfestigt sich die auch höchstrichterliche Rechtsprechung in eine Richtung, die auf die tatsächlich erforderlichen Kosten abstellt. Was auf Anhieb ebenfalls nachvollziehbar und fair klingt, übersieht jedoch, dass Auftragnehmer außerhalb des Wettbewerbs wenig Veranlassung haben, auf kosteneffizientes Handeln zu achten. Im Kölschen Grundgesetz heißt das „et kost, watt et kost“ und das ist dann der Preis, den der Bauherr zu zahlen hat. Will er das nicht, sollte er durch entsprechende einzelvertragliche Regelung vereinbaren, dass zur Berechnung der Vergütung für den Nachtrag auf die Ansätze der Urkalkulation zurückzugreifen ist. Auch dann gilt das Kölsche Grundgesetz: „Et hätt noch immer juut jejange“.