… damit das Bauen bald besser werde
Frei nach Nicole zum Eurovision Song Contest 1982
Projekte pünktlich und auch nicht teurer
das ist die Hoffnung, die IPA gibt
Tatsächlich läuft es viel zu oft nicht rund beim Bauen. Dabei liegen gewaltige Bauaufgaben vor uns als Gesellschaft, ob im Wohnungsbau, im Verkehrswege- und Infrastrukturbau oder im Zusammenhang mit der Energiewende. Verständlich daher der Wunsch, dies zu verändern. Entsprechend verheißungsvoll klingt da das Versprechen der “Integrierten Projektabwicklung”, in der alle an einem Strang ziehen wollen.
Da kann man sich nur fragen: Warum haben wir das dann nicht schon immer so gemacht? Gerade in den Projekten, die es am dringendsten nötig gehabt hätten? Wären BER oder die Elbphilharmonie mit einem Allianzvertrag erfolgreicher verlaufen? Ich komme darauf zurück.
Jedes gut geführte Projekt, in dem ein kompetenter Bauherr weiß, was er kann, darf und will, der dafür geeignete Planer gewinnen konnte und auch leistungsstarke Baufirmen an seiner Seite hat, ist im Prinzip schon eine integrierte Projektabwicklung (IPA). Ich bin ein großer Freund einer engen, konstruktiven, vertrauensvollen und auch fehlertoleranten Zusammenarbeit aller Projektbeteiligten. Hierzu bedarf es jedoch vor allem einer Projektkultur, die aus Persönlichkeiten und Führung erwächst und nicht vertraglich definiert werden kann.
Private und institutionelle Bauherren, sogar die öffentliche Hand springen zunehmend auf den IPA-Zug. Spezialisierte Anwaltskanzleien bieten Grundlagenseminare zur Integrierten Projektabwicklung mit Mehrparteienverträgen an, die Ruck-Zuck ausgebucht sind. Keine Fachtagung kann sich mehr dem Thema entziehen.
IPA: the next big thing – oder nur wieder eine neue Sau durch’s Dorf getrieben?
IPA führt im Prinzip die Partnering-Initiativen der Deutschen Bauwirtschaft von vor rd. 15 Jahren fort: Ein wesentliches Angebots-Merkmal bestand schon damals darin, das Ausführungs-Know-How der Baufirma möglichst frühzeitig in den Planungsprozess zu integrieren, um bessere und wirtschaftlichere Bauweisen zu ermöglichen. Dadurch konnte sich die Bauwirtschaft zugleich dem damals mörderischen Preiskampf entziehen, der bei der klassischen Vergabe gewerblicher Bauleistungen herrschte.
Mich beunruhigt der aktuelle IPA-Hype aus vielen Gründen, wovon ich hier nur drei kurz vorstellen möchte:
- Erstens sind seine Versprechen geeignet, Bauherren in Projekte hineinzulocken, die objektiv noch nicht zur Beauftragung reif sind. Solchermaßen “unreife” Projekte werden dann später gemeinsam vervollständigt, womit Anpassungen gegenüber den Kosten- und Terminannahmen zum Beauftragungszeitpunkt vorprogrammiert sind.
- Zweitens gibt der Bauherr mit der Beauftragung ohne Not Kontrolle über das Projekt an das IPA-Konstrukt ab, ohne in gleichem Maße aus der wirtschaftlichen Gesamtverantwortung zu kommen. Auch IPA ändert nichts an dem Grundprinzip, dass der Bauherr das Bauwerk benötigt und alle Kosten seiner Erstellung zu tragen hat. Und dass diese Kosten bei den IPA-Partnern entstehen, die von der Erbringung von Planungs- und Bauleistungen leben.
- Drittens kann IPA kaum abschließend wirksame Lösungen für Fälle anbieten, in denen sich ein IPA-Partner beginnt unkooperativ zu verhalten, weil er sich etwa aus äußeren, insbesondere wirtschaftlichen Gründen oder selbst begangenen Fehlern so verhalten muss, wie er es tut. Ich halte es für eine Mär, dass sich so unterschiedliche Interessen wie die eines Bauherrn und seiner Projektbeteiligten durch ein neues Vertragsmodell einheitlich ausrichten lassen.
Spätestens bei Abweichungen und Störungen sind Fragen nach Ursache und Vertretenmüssen kaum zu vermeiden. Ihre Beantwortung erfordert klare Festlegungen dazu, welche Projektbeiträge von welchem Projektbeteiligten zu verantworten waren. IPA birgt hier aus meiner Sicht die Gefahr einer Vergemeinschaftung von Projektverantwortung, was im Endeffekt in einer kollektiven Verantwortungslosigkeit münden kann. Insofern dürfte IPA auf die vom Bauherrn beauftragten Projektbeteiligten auch insgesamt enthaftend wirken, was den Ansatz der Ausrichtung aller Interessen auf ein gemeinsames Ziel im übrigen konterkariert. Sicher bleibt nur eines: Der Bauherr wird zahlen.
Während man in Deutschland noch nicht viel über ehrlich erfolgreich abgeschlossene IPA-Projekte erfährt, sind die “Start-Ups” in aller Munde. Mir fallen derzeit keine Konstellationen ein, in denen ich einem Bauherrn raten könnte, ein IPA-Projekt zu wagen. Aber ich kann mich natürlich ebenso täuschen wie die führenden IPA-Protagonisten, von denen ich viele auch persönlich langjährig gut kenne. Insofern besorgt mich IPA weniger als der damit verbundene Hype. Ich hielte es von daher für verantwortungsvoll und zugleich geboten, IPA mit einer überschaubaren Projektzahl bewusst zu pilotieren und die Ergebnisse und Erfahrungen erst einmal abzuwarten, anstatt jetzt alles auf die Karte IPA zu setzen. An Freiwilligen scheint jedenfalls kein Mangel zu herrschen.
IPA hätte weder das der Drama der Elbphilharmonie, noch das Fiasko BER verhindern können. Eine Allianz wäre schlicht nicht zustande gekommen, weil schon über die Projektziele keine Einigkeit mit dem “Bauherrn” zu erzielen gewesen wäre: Es war von vorne herein klar, dass die Elbphilharmonie nie für 70 Mio EUR zu haben gewesen wäre. Und in Berlin war der Bauherr sogar der Meinung, den Flughafen selbst günstiger errichten zu können, als von den Konsortien fix und fertig angeboten.