Die Standsicherheit von Bauwerken muss regelmäßig überprüft werden. Eine ordnungsgemäße Durchführung und Nachbereitung gewährleistet die Standsicherheit und ermöglicht es, erforderliche Maßnahmen rechtzeitig und geplant in Angriff zu nehmen.
Nutzungseinschränkungen (z. B. Leverkusener Rheinbrücke A1), plötzliche Brückensperrungen (z. B. Talbrücke Rahmede A45) oder gar Bauwerkshavarien (z. B. Salzbachtalbrücke A66) unterstreichen ganz aktuell die Wichtigkeit von Bauwerkskontrollen und Bauwerksunterhaltung.
Das führt bei Bestandsbauten zu der Situation, dass ein erheblicher, die eigentliche Prüfung um ein Vielfaches übersteigender Aufwand zuvor in eine Sichtung der Bestandsdokumentation investiert werden muss. Dabei muss sich der Prüfer tief in die Statik einarbeiten, ihre planerische Umsetzung ermitteln, und Stichproben für die Prüfung ableiten. Sodann gilt es, diese in der Örtlichkeit zu lokalisieren und zu klären, ob eine Prüfung hier möglich ist. Sofern die Stelle für eine handnahe Prüfung nicht frei zugänglich ist, sind Freilegung, alternative Stellen oder die Möglichkeit des Verzichts gegeneinander abzuwägen.
Die Situation ist das Ergebnis des segmentierten Immobilien-Lebenszyklus: Während etwa Anlagen- und Fahrzeughersteller ihre Produkte nicht nur herstellen, sondern auch über die gesamte Lebenszeit warten, und dafür entsprechende Vorkehrungen treffen, endet der Produktbezug für Architekten und Tragwerksplaner mit der Fertigstellung. Wie viele Jahre später die Standsicherheit überprüft werden soll, spielt für sie keine Rolle mehr. Es ist – um im Bild zu bleiben – als würde ein Autohersteller die Motorhaube zuschweißen, nachdem der Motor eingebaut ist und funktioniert.
Dabei enthält die VDI 6200 Standsicherheit von Bauwerken – Regelmäßige Überprüfung (2010/2015) als einschlägige Norm für Hochbauten umfangreiche Hinweise auch Planung und Ausführung. Sie formuliert beispielsweise den Grundsatz, dass „Stellen mit großen Beanspruchungen im Tragwerk [..] zugänglich und kontrollierbar geplant und ausgeführt werden [sollten]“. Da sich die Norm jedoch schwerpunktmäßig an den späteren Gebäudebetreiber richtet, kommt sie häufig nicht im Planungsumfeld an.
Wer könnte die relevante Standsicherheitsdokumentation besser zusammenstellen, als der Tragwerksplaner, wer könnte ein besseres Prüfkonzept für das Bauwerk aufstellen als derjenige, der das Tragwerk konzipiert hat? Deshalb ist der Bauherr gefordert, die entsprechenden Leistungen zusätzlich in der Planungsphase zu beauftragen. Die Kosten hierfür sind gut investiert, da Bauwerksprüfungen ansonsten um ein deutliches Vielfaches teurer werden und dabei nie an die Qualität heranreichen können, die aus der Planungsphase heraus erreichbar wäre.