BGH-Urteil: Gericht muß ein Privatgutachten wie ein Gerichtsgutachten behandeln

Die Frühe Neutrale Beurteilung stellt einen pragmatischen und einfachen Einstieg in die außergerichtliche Streitbeilegung dar. Vereinfacht ausgedrückt legen die Parteien ihren Streit dabei zeitnah gemeinsam einem solchen Sachverständigen vor, wie ihn ansonsten ein Gericht erst im Rahmen eines Rechtsstreits hinzuziehen würde. Beauftragen sie insoweit einen öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen mit der Erstellung eines Privatgutachtens, ist seine Bewertung ein starkes Indiz dafür, wie ein Rechtsstreit im Fall einer Nicht-Einigung aufgrund eines gerichtlichen Sachverständigen (öffentlich bestellt und vereidigt) enden könnte.

Bedeutung und Gewicht von Privatgutachten unterstreicht folgendes aktuelle BGH-Urteil:

Der Tatrichter hat Einwendungen einer Partei gegen das Gutachten eines gerichtlichen Sachverständigen zu berücksichtigen. Er ist verpflichtet, sich mit von der Partei vorgelegten Privatgutachten auseinanderzusetzen und auf die weitere Aufklärung des Sachverhalts hinzuwirken, wenn sich aus den Privatgutachten ein Widerspruch zum Gerichtsgutachten ergeben kann. Unklarheiten, Zweifeln oder Widersprüchen hat er von Amts wegen nachzugehen. Wenn der gerichtlich bestellte Sachverständige im Rahmen seiner Anhörung die sich aus einem Privatgutachten ergebenden Einwendungen nicht auszuräumen vermag, muss der Tatrichter im Rahmen seiner Verpflichtung zur Sachaufklärung ein weiteres Gutachten einholen (BGH, Beschluss vom 17. 5. 2017 – VII ZR 36/15, Seitenziffer 11)