Im Mai ist die 6. Auflage des AHO Heft 9 erschienen, der informellen „Bibel“ des Bauprojektmanagement in Deutschland. Es folgt auf die 2020er-Ausgabe und entwickelt diese wieder evolutionär weiter. Wieder wurden viele Fortschritte erzielt, über die im Detail berichtet werden könnte, einer erscheint jedoch einer besonderen Erwähnung wert:
Viele insbesondere Großprojekte sind in der Vergangenheit gescheitert und werden weiter scheitern, wenn der Bauherr als oberste Führungsinstanz des Projektes diesem ingenieur-fachlich nicht gewachsen ist. Bei den meisten Einmal-Bauherren dürfte das die Regel sein, aber auch institutionelle und Wiederholungs-Bauherren sind davon nicht frei. Entscheidend ist, dass es frühzeitig erkannt wird. Das neu aufgenommene Leistungsbild „Organisations- und Leistungsstrukturanalyse“ nimmt sich dieses Themas an, hilft potentielle Fähigkeitslücken sichtbar zu machen und kann so auch Selbstüberschätzung vorbeugen.
Auftraggeber haben sich zu Beginn eines Projektes die Frage zu stellen, ob sie die Realisierung eines Bau- oder Immobilienprojektes unter Berücksichtigung vorhandener eigener Kompetenzen und Ressourcen selbst bewältigen können und wollen oder ob Unterstützungsleistungen benötigt werden (AHO Heft 9, Kapitel 1.1).
Dazu bietet Heft 9 ein strukturiertes Leistungsbild an, an dessen Ende ein organisations- wie projektkonkretes Leistungsbild für die tatsächlich benötigten Projektmanagement-Leistungen steht. Für diese Leistungen gilt es dann, ein qualifiziertes und geeignetes Projektmanagement zu finden, und dieses zu beauftragen. Es liegt auf der Hand, dass die Durchführung der Or-ganisations- und Leistungstrukturanalyse strikt von der späteren Projektmanagement-Beauftragung zu trennen ist:
Das Leistungsbild sollte von einem unabhängigen Berater erbracht werden, der nicht mit dem externen Projektsteuerer identisch ist, da ansonsten die Gefahr von Interes-senkonflikten besteht. Dies gilt insbesondere für das Auswahlverfahren und den Wett-bewerb zwischen den Bewerbern um die Vergabe der Projektmanagementleistungen (AHO Heft 9, Anhang A).
Neben der bauprojektspezifischen Expertise kommt es vor allem auch auf die Erfahrung des Beraters mit der allgemeinen Aufbau- und Ablauforganisation vergleichbarer Bauherrenorganisationen an. Nur so kann er auch tieferliegende Bedürfnisse und Anforderungen erkennen und herausarbeiten, die ansonsten zunächst verborgen bleiben könnten. Schließlich geht es am Ende darum, eine möglichst kompakte und sicher beherrschbare Schnittstelle zu finden, über die Bauherren- und Projektorganisation während der gesamten Projektlaufzeit zuverlässig miteinander verbunden werden können.

Visualisierung des Ziel-Anspruchs (rechts) aus eigener Beratungspraxis