Wieviel Führung braucht ein Bauprojektleiter?

„Ein Projekt ist ein einmaliges, zielgerichtetes Vorhaben, das sich durch eine konkrete Zielvorgabe, eine zeitliche Begrenzung, begrenzte Ressourcen und eine spezifische Organisation auszeichnet.“ (Gabler Wirtschaftslexikon). In Unternehmen gilt lt. SAP zusätzlich: „Projekte sind in der Regel in den betrieblichen Ablauf eines Unternehmens eingebunden. Um alle anfallenden Aufgaben in der Projektrealisierung zu steuern, benötigen Sie eine projektspezifische Organisationsform, die zwischen den betroffenen Fachbereichen angesiedelt ist.

Die organisatorische Einbindung von Bauprojektleitern in diese Systeme und ihre Steuerung über Workflows, Rechtevergaben und Reporting-Pflichten wird oft mit der erforderlichen Führung gleichgesetzt. Das ist aber ein schwerwiegendes Mißverständnis.

Bauprojekte sind wie Unternehmen auf Zeit, die von akademisch qualifizierten Architekten und Ingenieuren geführt werden (sollten). Die beste organisatorische Einbindung in das Unternehmen nützt dem Bauprojektleiter aber wenig, wenn er für „seine“ Themen kein Gegenüber hat oder im Regen stehengelassen wird, wenn es brenzlig wird. Deshalb brauchen Bauprojektleiter eigene fachliche Führung durch erfahrene Projektmanager, die sie inhaltlich begleiten und entwickeln, und ihr Wissen weitergeben können. Hier kommen unterschiedliche Wege infrage:

Führungspraktisch können Vorgesetzte und Projektleiter in Regelterminen zur Projektdurchsprache etwa alle ein bis zwei Wochen kontinuierlich über den Projektverlauf im Gespräch bleiben. Aus einer interessierten wie lockeren Gesprächsatmosphäre heraus ergeben sich für beide Seiten immer wieder unerwartete Aspekte und Impulse, die sowohl das Projekt voranbringen, als auch den Vorgesetzten auf Stand halten. Der Projektleiter hat die Gewissheit, Gehör für seine Anliegen zu finden und kann sich bei Bedarf auch auch Rückendeckung holen.

Erfahrene Projektleiter, die selbst für eine fachliche Vorgesetztenrolle infrage kämen, ziehen aus regelmäßigen Projektdurchsprachen selbst u. U. nicht mehr genügend Nutzen, um den Zeitaufwand dafür zu rechtfertigen. Trotzdem können auch sie in Situationen geraten, in denen eine Zweite Meinung hilfreich sein kann. Mit einem unverstellten Blick von außen lassen sich die Folgen von Betriebs- (bzw. besser: „Projekt-“) Blindheit vermeiden oder wesentliche Entscheidungen besser absichern.

Beide Wege lassen sich auch mit einem individuell gestalteten Projektleiter-Coaching abdecken: Dadurch sinken die Ressourcen-Anforderungen auf Unternehmensseite, was insbesondere für Einmal-Bauherren interessant sein dürfte. Auf der anderen Seite handelt es sich bei dem Angebot eines Coachings auch um eine Personalentwicklungs-Maßnahme, die außerdem auf das Konto der Arbeitgeber-Attraktivität einzahlt. Gerade bei ungünstigen Entwicklungen im Projekt fällt es u. U. leichter, diese mit einem externen Coach zu behandeln, als sie direkt gegenüber dem eigenen Vorgesetzten zu äußern.  

Projektleiter, die dagegen aus unternehmerischen Zwängen heraus ein Bauprojekt übernehmen müssen, für das sie nicht die erforderlichen Qualifikationen haben, können nur noch eingeschränkt durch Coaching unterstützt werden. Das kann den erfahrenen General Manager genauso treffen wie den Jung-Architekten oder -Ingenieur, für den das Projekt noch einige Nummern zu groß ist. Hier können nur überschaubare Zeiträume mittels Coaching überbrückt werden, bis personelle Maßnahmen greifen oder ein Interims-Manager zur Verfügung steht.