Eine Frau neun Monate – neun Frauen ein Monat?

© Fotolia| BillionPhotos.com
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Termine, Kapazitäten und Logistik waren das Schwerpunkt-Thema der diesjährigen DVP-Herbsttagung. Was sind seriöse Termine, was läßt sich realistisch beschleunigen? Wo muß der Bauherr bestehende Zwänge einfach akzeptieren, um kein “postfaktisches Projektmanagement” zu betreiben? 

In ihren Kaufverträgen sagen  Automobilhersteller meist nur  voraussichtliche Liefer-Quartale zu, und das, obwohl Autos in einem Regelprozess produziert werden und ihre Lieferzeiten meist ohnehin nur Monate betragen. Je näher der Liefertermin rückt, umso genauer wird er präzisiert. Wenn es also schon in stationären Produktionsprozessen schwierig ist, verbindliche Termine zu benennen, was kann dann in über mehrere Jahre andauernden Bauprojekten realistisch zugesagt werden?

Der juristisch-mechanistische Ansatz über hoch pönalisierte Vertragstermine – womöglich ungeprüft aus dem gewünschten Projektziel abgeleitet – alleine führt erfahrungsgemäß häufig nicht zum Ziel. Vielmehr erzeugt er abstrakten Druck, der – wenn er nur groß genug geworden ist, entweder in Gegendruck umschlägt oder gar auf andere kostspielige Weise entweicht. In jedem Fall leidet das Projekt darunter, und damit meist auch der Bauherr als dessen Initiator.

Realistische Termine sind von einer Vielzahl von Faktoren abhängig. Ressourcen (CAD-Arbeitsplätze, Betonbauer-Kolonnen, …) müssen nicht nur in ausreichender Anzahl für das Projekt vertraglich vereinbart werden, sie müssen auch zum fraglichen Zeitpunkt faktisch zur Verfügung stehen. Bereits wohlwollend-optimistisch gemeinte Bieter-Zusagen im Rahmen der Auftragsanbahnung können daher den Keim für die irreparable Verfehlung der späteren Projektziele in sich tragen, wenn sie nicht frühzeitig erkannt werden. Aber auch unauflösbare logistische Zwänge können für realistische Termine bestimmend werden. Auch die Dauer einer Schwangerschaft läßt sich nicht verkürzen.

Termine müssen daher frühzeitig und über der gesamten Projekt-Laufzeit aktiv und fachkompetent geführt werden, und nicht nur passiv (über Reports) “gemanaged”. Es wird sich sicher rächen, wenn den Projektterminen schon zu Projektbeginn weniger Beachtung geschenkt wird als den Kosten – zumal sie miteinander in Beziehung stehen. Gefragt ist daher auch für die anderen Projekt-Aspekte ein integral-ganzheitlicher Projektmanagement-Ansatz, der z. B. bereits zum Zeitpunkt der Entwurfsplanung die Inbetriebnahme oder die Baulogistik im Auge hat. Letzten Endes sind das aber alles keine neuen Erkenntnisse, wer sich als Projektmanager an Heft 9 der AHO hält, macht schon das meiste richtig.

In einer derart ganzheitlich-vernetzten Management-Weise liegen bisweilen auch überraschend anmutende Potentiale: Fordert der Projektmanager von den Baufirmen nicht nur Ausführungs-Terminpläne an, sondern auch Personal-Einsatzpläne, so können diese mit den Zugangskontrollen der Baulogistik abgeglichen werden. Dabei würden Unterbesetzungen sofort und schon zu einem Zeitpunkt sichtbar, da die negativen Auswirkungen auf den Fortschritt noch gar nicht erkennbar wären. Gefahr erkannt – Gefahr gebannt: Je früher gegengesteuert werden kann, umso sicherer kann das Ziel erreicht werden.

Die Veranstaltung hat wieder einmal gezeigt, daß die Komplexität und Vielschichtigkeit des Bauens vor allem fachkompetente und erfahrene Bauherren-Vertreter auf der Management-Ebene erfordert, die befugt sind, wesentliche Projektentscheidungen zu treffen. Die zu entscheidenden Sachverhalte sind nämlich qualitativ einfach zu komplex, zu risikobehaftet und zu kostspielig, als daß sie dauerhaft in der notwendigen Geschwindigkeit entscheidungsrelevant (=monetarisiert) für Management-Generalisten aufbereitet werden könnten.